Mittwoch, 4. Februar 2015

AlpX.13 - Tag 6

Pezzo - Madonna di Campiglio; 65,0km 2189Hm

Heute steht die fiese Montozzo-Scharte auf dem Programm. Wer bekommt bei dem Namen keine Angst?
Es gilt auf den ersten 11km satte 1000Hm zu überwinden und das auf teilweise erodierten ehemaligen Militärwegen aus dem ersten Weltkrieg. Wir fahren und schieben abwechselnd, Hauptsache keines der Pärchen überholt uns. Besonders beeindruckend ist, dass auch die Damen komplett durchfahren. Respekt!
Am Refugio Bozzi wehen tibetische Fahnen und es gibt überall alte Schützengräben und Stellungen aus dem Gebirgskrieg zwischen Österreich und Italien zu sehen. Das letzte Stück von hier aus auf die Scharte ist ein enorm steiles Geröllfeld über das wir irgendwie die Bikes wuchten. Oben angekommen heißt es dann die leichten Knieschoner anlegen und bereit machen für die Abfahrt. Wahrscheinlich die beste Abfahrt der Albrecht Route auf einem Singletrail steht bevor. Wir versuchen so viel wie möglich zu fahren, aber unter anderem versperren Reste von Lawinen den Weg. Egal, es macht Spaß!


Unten am See angekommen, nehmen wir den eingezeichneten Wanderweg neben der Straße und fühlen uns auf dem mit Wurzeln durchsetzten Pfad gleich wie Zuhause. Allerdings stellt sich uns eine österreichische Festung in den Weg und die Treppe dort hinauf ist mit Rucksack und Rad fast nicht zu erklimmen. Wir wundern uns nur schadenfroh, wie das wohl die Pärchen schaffen wollen, aber die wählen schlau die Umfahrung auf der Teerstraße und ziehen an uns vorbei.
Nach dem Abstecher zur Bunkerruine müssen auch wir auf Teer weiter und machen richtig Strecke. Es geht auf einem Fahrradweg leicht abschüssig durch das Tal. Wir legen die Kette auf das große Blatt und fahren so schnell wie möglich. Umso tiefer wir kommen, desto heißer und schwüler wird es.
Am Ende der flotten Fahrt wartet jedoch ein weiterer Anstieg mit über 850Hm auf uns. Wir stehen mit duzenden anderen Bikern auf der virtuellen Startlinie. Unter anderem ein Junggesellen Abschied auf Transalp und auch unsere Bekannten sind mit von der Partie. Wir hetzen direkt in den Anstieg und Sergej ist sehr stark unterwegs und möchte unbedingt ein Pärchen überholen. Die beiden sind jedoch ihrerseits top motiviert und zu viert ziehen wir an den erschöpften Junggesellen vorbei. Dann müssen wir jedoch eine Pause einlegen. Es ist mir viel zu heiß und das Mittagessen liegt mir noch im Magen. Nach der kurzen Zwangspause geht es gemächlicher weiter und wir sehen, dass ebenfalls unsere Mitstreiter eine Pause einlegen mussten.
Wenig später, am höchsten Punkt der Tagesetappe, treffen wir auf einen etwas verwirrt wirkenden, hageren, älteren Biker, der nach seinen Kameraden sucht. Er erzählt uns, sie sind auf der Heckmair Route unterwegs und langsam am Ende der Kräfte. Allerdings haben wir niemanden getroffen und können keine Auskunft geben. Für uns geht es noch ein wenig bergab in das Skigebiet Madonna di Campiglio und wieder sind wir froh vorher die Zimmer reserviert zu haben, denn alle Hotels sind ausgebucht und es stehen die Begleitfahrzeuge von Profi-Radsportteams im Ort.
Da unsere Alpenüberquerung mit der morgigen Etappe geschafft ist, gibt es heute ein Bier mehr und wie immer eine riesige Pizza.

AlpX.13 - Tag 5

Grosio - Pezzo; 50,0km 2231Hm

Offtopic: "Die letzte Saison hat früh begonnen und so war nicht genügend Zeit die Story vom Alpencross fertig zu schreiben.  Jetzt ist wieder Off-season und ich versuche ein paar Artikel zu schreiben."


Am fünften Tag, auf dem Weg in den Frühstückssaal, diskutieren wir ob wir uns die reguläre Route antuen wollen, oder lieber auf die Alternative ausweichen wollen. Ein Studium des Roadbooks hat ergeben, dass es kein leichter Tag werden wird. Angeblich warten auf der Hauptroute lange Schiebepassagen und ca. 2000Hm am Stück! Aber dafür bewegt man sich in einem idyllischen Hochtal, wogegen man sich auf der alternativen Route mit einer viel befahrenen Straße arrangieren muss. Da wir uns gut fühlen wählen wir die reguläre Route. Und wie fast immer sind unsere Mitstreiter schon unterwegs ... auf der alternativen Route.

Zunächst geht es weniger steil durch mehrere Dörfer nach Nord-Osten, bevor es nach etwa 10km spannender wird und sich die Teerstraße in vielen Serpentinen die Talseite hinaufzieht. Inzwischen haben wir dazugelernt und packen den Helm an den Rucksack und stellen uns auf den langen Anstieg vor. Wir fahren gemütlich, aber stetig und gegen den schmerzenden Hintern hilft es einen dickeren Gang einzulegen und eine Zeit lang im Stehen zu fahren. Nach 500Hm ist dann recht rasch das hochgelegene Dorf erreicht und wir können stolz ins Tal schauen, auf die vielen Serpentinen die schon hinter uns liegen. Diese Zwischenziele motivieren!

Weiter geht es auf einem Feldweg mit teilweise großen Steinplatten. Der Weg wird noch einmal steiler und ist teilweise muss geschoben werden. Trotzdem probiert immer wieder einer von uns beiden einen schwierigen Abschnitt zu fahren. Danach ist man aber so außer Puste, dass die herausgefahrene Zeit wieder dahin ist. Ganz lassen können wir es aber auch nicht und immer wieder attackieren wir den Berg! So dauert es nicht lange bis die laut Hrn. Albrecht legendäre Hütte "la Baita" auftaucht. Wir gönnen uns ein Glas Apfelschorle, einen Cappucino und ein Stück Heidelbeerkuchen. Von hier hat man einen guten Blick auf die paar Almhütten die im Val di Rezzalo liegen und wo die Besitzer aus dem Tal gekommen sind um heute am Freitag Heu auf den Almwiesen zu machen. Dafür ist das Wetter perfekt, denn der Himmel ist strahlend blau und es wird wohl wieder ein richtig schöner Sommertag.
Wir fahren weiter und nach kurzer Strecke ist das Ende des Hochtales erreicht und der Weg schlängelt sich nun immer steiler Richtung Passo del Alpe. Nach den letzten hochgelegenen Almhütten wird der Weg zu einem richtig schönen Singletrail, der aber gut zu fahren ist. Der Pass selbst ist eher ein sanfter Buckel, auf dessen anderer Seite der Pfad in mäßigem Gefälle weiterführt. Nach einer kurzen Abfahrt erreichen wir die unter Rennradfahrern sehr bekannte Strecke von Bormio auf den Gavia Pass. Jetzt heißt es Zähne zusammenbeißen und den eigenen Rythmus finden, die letzten 300Hm werden auf Teer zurückgelegt. Die zahlreichen ausgelutschten Power-Gel Beutel am Straßenrand zeigen, dass wir im Revier der schmal Bereiften unterwegs sind.
Da wir den letzten Anstieg konzentriert und zügig angegangen sind, haben die Strapazen bald ein Ende und wir sitzen um zwei Uhr Nachmittags am Pass vor der Gaststätte in der Sonne, mit über 2200Hm auf dem Tacho und wir fühlen uns sogar noch fit! Es scheint als hätten wir in den ersten Tagen erst die nötige Fitness für den Alpencross aufgebaut.
Wir bestellen uns "Pizzoccherie della Valtellina", das ist ein regionales Gericht mit einer bestimmten Sorte deftiger Nudeln, Kartoffeln und Wirsing. Das ganze wird dann mit Käse überbacken und schmeckt einfach fantastisch. Wir strecken noch ein wenig die Beine von uns, bevor wir ins Tal sausen. Leider müssen wir wieder die Passstraße nehmen, es ist kein Trail auf der Karte zu entdecken und so rauschen wir fast an dem kleinen Ort vorbei, wo wir bei Juri eine Unterkunft gebucht haben. Die Aussicht vom kleinen Balkon ist nur noch genial und da wir früh dran sind gönnen wir uns ein Bierchen auf der Terrasse vor dem Haus. Juri und seine Schwester betreiben eine Pension quasi speziell für Alpencrosser und wie im Roadbook beschrieben lohnt sich ein Besuch hier wirklich. Wer in Ponte die Legno übernachtet, muss am nächsten Tag erst den Anstieg hier hoch machen. Sonst ist man gezwungen die alternative Route zu nehmen. Juri ist ein (Rad-)Verrückter und kann lustige Geschichten erzählen. Kurz nach uns treffen noch zwei Pärchen ein, die ebenfalls die Albrecht Route fahren und so ist gleich ein Gesprächsthema gefunden als wir in die einzige Pizzeria im Ort gehen.

Mittwoch, 14. Mai 2014

AlpX.13 - Tag 4

Münstertal - Grosio; 80,3km 1499Hm


Der vierte Tag der Albrecht Route ist, zumindest wenn man die Höhenmeter betrachtet, eher locker. Wir freuen uns auf einen schönen Tag auf dem Mountainbike und wollen uns ein wenig von den zurückliegenden Strapazen erholen.
Zuerst führt die Route ein kurzes Stück bergab, zum Einstieg in einen beliebten Mountainbikeweg. Auch viele Urlauber auf Tagestour treffen wir hier. Nach dem Einradeln geht es gut voran und kurz vor dem Ende des ersten Anstiegs fühle ich mich richtig fit und versenke ein paar Radler die ohne Gepäck unterwegs sind. Wie immer geht der Anstieg am Vormittag locker von der Hand, wahrscheinlich weil man noch frisch ist und auch die Temperaturen noch angenehm sind. Bei der Alm direkt an der Kuppe versammeln sich alle Biker. Wir beobachten eine Gruppe auf Enduro-Lehrgang mit Coach, etliche Tagesausflügler und auch ein paar Alpencrosser mit großem Rucksack. Ich bin allerdings gerade so gut in Fahrt, dass ich gar nicht lange halten möchte und so überrede ich Sergej gleich weiterzufahren. Die Pause holen wir dann später im wunderschönen Val Mora nach.
Auffahrt zum Val Mora
Jetzt geht es auf sehr flowigen Trails leicht bergab durch das idyllische Hochtal, vorbei an saftigen Wiesen mit grasenden Kühen und mächtigen Bergstöcken. Das Massiv des Ortler wird heute umfahren.
Durch das sonnige Tal zu fahren ist ein wahrer Genuss und wir schwanken ein wenig zwischen dem Verlangen auf dem perfekten Weg richtig Gas zu geben, oder es gemütlich angehen zu lassen und am Wildbach die Natur zu genießen. Irgendwie machen wir dann beides.
Am Ausgang des Tales schlängelt sich der Weg über Halden aus losem Geröll, die nur notdürftig befestigt sind. Es braucht schon eine sichere Hand am Steuer, um diese Stellen fahrend zu nehmen. Schließlich droht bei einem Fehler die Rutschpartie den steilen Hang hinunter.

erodierte Wege
Alpencross Juli 2013










Jetzt erreichen wir große Stauseen an deren anderem Ende das unter Bikern bekannt Livigno liegt. Wir umrunden die Seen jedoch im Süd-Westen und erreichen die Torri di Fraele, zwei alte Wehrtürme die die Auffahrt von Bormio überblicken. Wir folgen jedoch nicht der Serpentinenstraße ins Tal, sondern bleiben auf einem alten Militärweg, der komplett ohne Gefälle den Hang entlang führt. Auf dieser Strecker kann man eben dahinrollen und die Berglandschaft betrachten. Ganze 15km geht das so, bis der zweite Anstieg des Tages vor uns liegt ...
Inzwischen ist es wieder ziemlich heiß geworden und wir beschließen die steile betonierte Rampe hinauf zu schieben. Doch sobald es geht wird wieder gefahren und promt reißt die Kette an Sergejs Mountainbike! Wir sind zwar mit Kettennieten und allem ausgerüstet, aber durchgeführt haben wir beide diese Reparatur noch nie. So dauert es ca. eine halbe Stunde bis die Kette wieder ganz ist und wir weiter fahren können.
400Hm sind es bis zum Pass, doch auch die sind irgendwann geschafft. Auf dem Pass weht ein angenehmer frischer Wind und man kann es sehr gut aushalten. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kann ich Sergej dazu bringen mit dieser "Genießer-Scheiße" aufzuhören und endlich die über 20km lange Abfahrt anzugehen.
Leider führt diese größtenteils auf Teer ins Tal und so lassen wir die Bremsscheiben glühen. Am Hotel angekommen, es ist gegen 17:00 Uhr, erwarten uns schon die anderen Alpencrosser. Sie sind schon am frühen Nachmittag eingetroffen und haben schon entsprechend viele Weißbier geordert. Auch der Besuch des Whirlpool auf der Dachterrasse entgeht mir, denn ich muss neue Bremsklötze montieren.
Mit einem gemeinsamen "Menu Biker" geht dieser Tag zu Ende. Wir diskutieren noch, ob wir am nächsten Tag die alternative Route fahren oder den steilen Anstieg ins Val di Rezzalo in Angriff nehmen. Im Moment ist uns eher nach alternativer Route, aber entscheiden werden wir morgen!

up up up!
Have you seen my chain, mate?

Dienstag, 11. März 2014

AlpX.13 - Tag 3

Bodenalpe (Ischgl) - Tschierv (Münstertal); 67,2km 2192Hm


Auch der dritte Tag sollte einer der Schwersten werden. Es galt wieder deutlich mehr als 2000 Höhenmeter zu kurbeln und dabei zwei hochalpine Pässe zu überwinden. Und der Tag fängt gleich schlecht an. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn Sergej ist übel und er fühlt sich krank. Vielleicht haben wir es mit dem Trinken aus den Bächen übertrieben, oder es war die enorme Anstrengung am Vortag, jedenfalls kann Sergej beim Frühstück kaum etwas essen und Motivation ist quasi nicht vorhanden. Trotzdem machen wir uns um kurz nach acht auf den Weg zum Fimberpass, denn eine alternative Route gibt es heute eh nicht. Es geht direkt nach Süden, das Fimbertal weiter hinauf und gegen Mittag werden wir bereits in der Schweiz sein.
Zunächst fahren wir weiter auf dem Schotterweg im Tal. Teilweise sind steilere Rampen zu überwinden und irgendwie kommen wir nicht so richtig in Tritt. Im von Viehweiden geprägten Tal hat man einen weiten Blick und es kommt einem so vor, als würde man nicht von der Stelle kommen. Aber wenigstens haben wir keinen Defekt. Denn nach einer Weile passieren wir den Trupp Sportstudenten, die an einem Bike die Kette nieten.
Prozession zum Pass
Nach einer Stunde, die sich scheinbar ewig hingezogen hat, erreichen wir die Heidelberger Hütte. Von dort machen sich etliche andere Biker auf den Weg zum Pass, so dass es in einer Prozession den Berg hinauf geht. Direkt ab der Hütte muss man schieben und tragen, denn der Weg ist schlammig, steil und mit Felsen durchsetzt. Abschnittsweise wird richtig gekraxelt. Gut dass wir inzwischen einigermaßen warm sind und solche Passagen schon vom Vortag kennen. Es dauert eine weitere Stunde und die Passhöhe auf über 2600m ist erreicht!
Große Erleichterung kann sich jedoch nicht einstellen, sondern es herrscht nervöse Anspannung unter dem guten Duzend Radler, die mit uns auf dem Pass sind. Jeder bereitet sich auf die Abfahrt vor. Die Sportstudenten haben uns inzwischen wieder eingeholt und diskutieren wer wen bei der Abfahrt filmt.
Wir wollen die angeblich 'legendäre Abfahrt der Alpen' gemächlich angehen, zu allem Anderen fehlen uns auch die Downhill-Fähigkeiten. Aber im Vergleich schlagen wir uns durchschnittlich, denn die steile Abfahrt auf Schiefergestein und losem Geröll lässt kaum jemanden gut aussehen. Weiter unten ist der Trail flacher und weniger steinig, dafür jedoch tief ausgefahren und man merkt, dass auch eine Abfahrt sehr anstrengend sein kann. Schließlich erreichen wir die berühmte provisorische Brücke über einen Wildbach. Das Ende der Abfahrt ist jedoch noch lange nicht erreicht, denn der tiefste Punkt der Etappe liegt heute in Scuol (Schuls) auf ca. 1200m.
Kurz vor dem Pass, fast geschafft!

Sergej nach einem der 'legendären Trails der Alpen' 



























Einen schönen Bereicht der Abfahrt findet man auch auf dem tollen Freeride-Blog (mit Video!)

Kurz vor dem Örtchen Vnà darf man den Abzweig Richtung Val Sinestra nicht verpassen. Aus dem engen Tal heraus führt ein kleiner Gegenanstieg, nachdem es wie von selbst auf flowigen Wanderwegen durch das charmante Örtchen Sent, gegenüber der Schlucht Val d' Uina, zur Stadt Scuol geht.
Wir haben ein gutes Gefühl, inzwischen schon die Schweiz erreicht zu haben und beschließen, uns ein ordentliches Mittagessen zu gönnen. Wir entscheiden uns für eine sympatische Pizzeria, in der ich eine der besten Pizzas meines Lebens esse. Pizza 'Chef' mit hauchdünnen Zitronenscheiben und Panna cotta. Unbeschreiblich lecker! Auch Sergej kann etwas essen, fühlt sich aber immer noch krank und hat nicht so richtig Appetit.
Mondlandschaft im Tal S-Charl
Für den Nachmittag zeigt das Navi über 1000Hm am Stück an. Wir überqueren auf einer spektakulären Brücke den Inn und sofort beginnt die Straße steil anzusteigen. In Serpentinen geht es durch den Wald immer höher. Wir packen die Helme auf den Rucksack und strampeln stur bergauf. Mit der dicken Pizza im Magen geht es jedoch nicht besonders locker voran. Die Straße scheint kein Ende zu nehmen und wechselt schließlich von Teer auf Schotter als wir in das Hochtal einfahren. Der Untergrund im Tal scheint aus lockerem Sedimentgestein zu bestehen und so gräbt sich der Fluss tief ein und wir haben das Gefühl durch eine 'Mondlandschaft' zu fahren. Ab und zu überholen uns Autos und der Postbus, denn die Straße ist die einzige Verbindung zum alten Bergbau-Dorf S-Charl, das heute ein Ziel vieler Touristen ist. Wir müssen bis an unsere Grenze gehen um schließlich das Dorf zu erreichen.
Wir setzen uns völlig entkräftet an den Bach und ich schließe für ein paar Minuten die Augen. Das ist der anstrengendste Moment während des gesamten Alpencross und eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen weiter zu fahren. Aber wir haben natürlich keine Wahl. Beim nächsten Mal werde ich aber ziemlich sicher den Postbus hier rauf nehmen. Der schöne Teil des Tals kommt ja erst!
Ab dem Weiler S-Charl führen nur mehr Wanderwege weiter. Es geht weiterhin bergauf, aber auf dem guten Weg in der tollen Kulisse macht es nun deutlich mehr Spaß. Wir sind fasziniert von den Rastplätzen, die mit einem gemauerten Grill und einem Vorrat an kostenlosem Feuerholz ausgestattet sind. In diesem Tal wurde einst der letzte Bär der Schweiz erlegt und anscheinend wurden wieder Bären angesiedelt, denn die Mülleimer sind bärensicher verschlossen.
Kurz vor der Alp Astras hat man einen herrlichen Blick auf die Almhütte, gelegen in einem saftigen Wiesengrund in dem sich ein Bach schlängelt und die Milchkühe gerade zum Melken getrieben werden. Ein herrliches Bild, für das sich der mühsame Aufstieg definitiv gelohnt hat. Nur, um ein Foto zu schießen haben wir nicht mehr die Muße. Wir wollen schnell über den Pass und ins Münstertal einfahren.
An den Rest der Strecke habe ich keine genaue Erinnerung mehr. Es geht durch ein Wäldchen aus Latschenkiefern und bald ist der Pass erreicht. Die Abfahrt ist unspektakulär, es geht erst auf Kies und später auf Teer voran. Erschöpft erreichen wir unsere Unterkunft 'La Vopa'.
Sergej legt sich sofort ins Bett, während ich die Bikes im Stall versorge. Draußen geht ein Wolkenbruch nieder und einmal mehr hatten wir riesen Glück mit dem Wetter, denn wir sind gerade angekommen als die ersten Tropfen fallen.
Beim Abendessen, es gibt Hirschgulasch, kommen wir langsam wieder zu Kräften und die Stimmung steigt. Wir hatten die ganze Zeit das Gefühl, das Schlusslicht im Tross der Alpencrosser zu sein, die heute morgen von der Bodenalpe aufgebrochen sind. Aber der Wirt bestätigt uns, dass wir relativ früh eingetroffen sind: "Manche kommen ja erst im Finstern an". Für uns ist dieser sportliche Wettstreit irgendwie wichtig, auch wenn wir uns unterwegs genügend Zeit zum Schauen und Genießen lassen. Aber gerade das Gefühl den Anderen hinterher zu fahren hat uns heute viel Moral gekostet.

Sonntag, 9. Februar 2014

AlpX.13 - Tag 2

Landeck - Bodenalpe (Ischgl); 78,4km 2333Hm


Schon ein Blick auf die Daten der heutige Etappe genügt um zu wissen, dass es kein Kindergeburtstag wird. Es gilt die meisten Höhenmeter des gesamten Alpencross zu überwinden und auch von der Streckenlänge her ist diese Etappe fast die Längste. Die angegebenen Höhenmeter haben uns richtig eingeschüchtert! Aber die tolle Strecke durchs Verwalltal wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen und so haben wir uns morgens voller Schwung auf den Weg gemacht.

Unterwegs im Verwalltal
Zunächst führt die Tour auf einer kaum befahrenen Teerstraße Richtung St. Anton. Da heißt es ruhig bleiben und locker bergauf treten. Wenigstens ist man auf der Straße zügig unterwegs und die ersten 600Hm sind abgehackt. Im Ort St.Anton geht es dann extrem steil die Talseite hoch, wo die Route endlich ins Verwalltal abzweigt und auf Schotter weiter führt. Die Stimmung bei uns ist großartig und wir fahren viel zu schnell. An den Steilstücken will keiner von uns Beiden nachgeben und wir liefern uns kleine Rennen.

Es geht kurz nicht bergauf
Nach einer Weile wird aus der Schotterstraße unvermittelt ein schmaler Wanderpfad und es gilt Steinbrocken auszuweichen. Als es mittag wird und die Heilbronner Hütte an der Passhöhe noch in weiter Ferne liegt, geht uns auch heute wieder das Wasser aus. Es ist einfach viel zu heiß und wir brauchen viel Flüssigkeit. Aber nach der guten Erfahrung mit dem Bergwasser am Vortag füllen wir auch heute unsere Flaschen einfach unterwegs wieder auf. So sitzen wir schon ziemlich erschöpft am Wegrand, machen eine Riegelpause und genießen die großartige Landschaft um uns herum. Da in diesem Jahr der Winter lang war, liegt ganz oben auf den Bergen Ende Juli immer noch Schnee.

Wir müssen schieben
Am Ende des Tales angekommen steigt der Weg nun immer steiler an und irgendwann ist an Fahren nicht mehr zu denken. Wir schieben die Bikes einen Meter hoch, klettern auf das Rad gestützt nach und stoßen das Rad erneut ein Stückchen weiter. Es ist anstrengend! Eine solche Herausforderung haben wir gleich am ersten Alpenpass nicht erwartet. Aber unser Kampfgeist ist geweckt und nach einer Stunde und 300Hm ist es endlich geschafft! Die Heilbronner Hütte thront über uns auf der Anhöhe.
Außer uns sind noch zahlreiche andere Biker und Wanderer auf der Hütte. Die Sonne scheint, ein drohendes Gewitter hat sich doch für ein anderes Tal entschieden und der Blick auf die Strecke ins Tal, lässt die Laune förmlich überschäumen.
Man möchte fast vergessen, dass nach der bevorstehenden Abfahrt Richtung Galtür und Ischgl, noch ein Anstieg von 400Hm auf uns wartet. Beim Essen unterhalten wir uns mit einem Radler, der uns schon in St.Anton überholt hat. Er wollte eigentlich auch die Albrecht Route fahren, ist aber schon dermaßen erschöpft, dass er lieber den Weg zurück nach St.Anton fährt. Wir denken uns: "Ach Quatsch! Wird schon gehen ..." Und machen uns bereit für die rasante Abfahrt auf dem Wirtschaftsweg der Hütte.

Die Abfahrt
Etwa nach der Hälfte der Abfahrt erreicht man einen riesigen Stausee an dem entlang die Route weiter führt, bis es schließlich ins Tal hinab geht. Man hat einen guten Blick voraus und es ist schwer sich zu beherrschen, die Bremse nicht ganz aufzumachen. Die Abfahrt ist unglaublich schnell und es droht ein wahrer Geschwindigkeitsrausch!
So ist Galtür schnell erreicht und es dauert nicht lange, da beginnt sich die Steigung umzukehren und es geht ziemlich unbarmherzig auf Teer hinauf zur Bodenalpe, unserer Unterkunft. Diese Anstiege am Ende eines langen Tages sind immer die Schlimmsten. Man hat schon einen Pass überwunden, aber der letzte Anstieg mit 400Hm zieht sich endlos hin und ist wesentlich anstrengender als das Programm am Vormittag. Wir kriechen den Berg nur mehr hoch und versuchen die Motivation nicht ganz zu verlieren. Natürlich hätten wir auch die Seilbahn, die wir ab und zu sehen, nehmen können. Aber bitte, das wäre ja Betrug! So kommt für uns nur in Frage durchzuhalten, obwohl die vielen Laster und Lkws, die uns entgegen kommen, ziemlich nerven. Anscheinend wird das Skigebiet weiter ausgebaut.
Sergej scheint die Plackerei besser wegzustecken, der Tagessieg gehört Ihm. Ich bin jedenfalls heil froh die Hütte gegen sechs Uhr endlich zu erreichen. Wir können noch schnell die Bikes verräumen und duschen bevor das Abendessen für alle Gäste serviert wird. Wir treffen die Gruppe junger Sportstudenten vom Vortag wieder und eine Menge anderer 'Crosser'. Da die Albrecht Route stark frequentiert ist und es Vorschläge für Unterkünfte gibt, trifft man fast täglich die bekannten Gesichter wieder. Es macht Spaß die Erlebnisse mit Gleichgesinnten auszutauschen und abzuchecken wie die eigene Fitness im Vergleich einzuschätzen ist. Jeder setzt sein Pokerface auf und behauptet, die Etappe war gar nicht anstrengend. Und alle unterbieten sich, in der Zeit der Abfahrt am nächsten Tag. Am Ende stellt sich jedoch heraus, dass fast alle Gruppen heute die Alternative gefahren sind. Lächerliche 36.5km und 1400Hm!

Don't drink and drive
Blick zurück ins Verwall Tal


Sonntag, 2. Februar 2014

AlpX.13 - Tag 1

Garmisch - Landeck; 82,4km 1091Hm


Endlich, der erste Tag unseres Alpencross hat begonnen! Los gings mit dem Zug über München nach Garmisch-Partenkirchen. Schon auf der Einfahrt wachsen die Berge neben der Strecke immer höher und schroffer in den Himmel. Die Tour führt anfangs entlang der Loisach auf einem geschotterten Radweg um die Zugspitze herum. Es sind nur einige Kilometer bis zur österreichischen Grenze und man erreicht bald die Stadt Ehrwald unter der herrlichen Kulisse der Alpen. Ab hier beginnt der Weg steiler anzusteigen, es geht Richtung Fernpass!
Die 'Damen' vor dem Bergpanorama von Ehrwald
An diesem Anstieg merkt man schon, dass alpine Touren immer anstrengend sind, vor allem wenn man einen vollgepackten Rucksack dabei hat. Schon bevor wir den Fernpass überquert haben, sind unsere Trinkflaschen leer und wir müssen die letzten Höhenmeter unter sengender Sonne ohne kühlende Getränke zurücklegen. Auf der Passhöhe hat man einen schönen Blick auf das dahinter liegende Tal, aber allzu lang wollten wir uns nicht aufhalten, denn sicher werden uns noch viele und noch schönere Aussichtspunkte erwarten. Nun ging es in die rasante Abfahrt, während der wir langsam auf eine größere Gruppe junger Radler aufschließen. Bei einem kleinen Bach hält die Gruppe unvermittelt an um die Trinkflaschen aufzufüllen und wir schließen uns kurzerhand an. Wir hatten gelesen, dass man das Wasser der kleinen Bäche im Gebirge ohne Bedenken trinken kann, aber normalerweise macht man das ja nicht. Trotzdem, das Wasser schmeckt kühl und erfrischend. Wie Mineralwasser aus der Flasche!
Wieder unterwegs erreicht man den Höhepunkt der Tagesetappe, nämlich Teile der uralten Fernpass-Straße. Im Gestein sind noch deutlich die Kerben erkennbar, die durch die vielen Fuhrwerke in früherer Zeit eingeschliffen wurden. Und unterhalb sieht man die moderne Straße über den Fernpass mit der Raststation. Man ist sich normalerweise gar nicht bewusst, wie viel man verpasst, wenn man mit dem Auto über die Alpen düst!
Als wir Richtung der alten Burg Fernstein kommen, müssen wir einem Mini-Bagger ausweichen, der den ursprünglichen Weg mit Schotter überschüttet. Anscheinend soll die Strecke für die zunehmende Zahl an Bikern aufgerüstet werden, aber leider geht dadurch natürlich viel vom Charme verloren.
Bis nach Imst im Inntal geht die Strecke weiter bergab und wir sind schnell unterwegs. Ab jetzt geht es zunächst eben entlang des Inns und der Inntal-Autobahn. Sicher nicht der schönste Teil der Strecke, aber so bald wie möglich folgen wir der Route durch kleine Dörfer und über grüne Wiesen. Trotz des starken Rückenwinds den wir haben, zieht es sich noch bis wir gegen fünf Uhr den Ort Landeck erreichen und zu unserem Hotel fahren.

AlpX.13 - Die Route

Zu einer Alpenüberquerung gehört ganz selbst verständlich die Auswahl der richtigen Route. Schließlich soll der Schwierigkeitsgrad angemessen sein, der Singletrail Anteil besonders hoch, die Abfahrten rasant und flowig und hinter jeder Kurve soll ein tolles Bergpanorama warten.
Wenn man sich in die Materie ein wenig eingearbeitet hat, macht die Planung richtig Spaß. Es gibt zahlreiche traditionelle Strecken über die Alpen, angefangen von der Heckmair-Route und dem Routen Kompendium von Achim Zahn, bis zu den zahlreichen Touren der Veranstalter von Radreisen (zB Go-Alps.de).
Selbst haben wir uns für die gut recherchierte Albrecht Route entschieden. Ebenfalls ein bekannter Klassiker unter den Alpenüberquerungen, der von Garmisch-Partenkirchen nach Riva am Gardasee führt.
Die Albrecht Route hat eine Länge von knapp 500km und man hat schlussendlich 12.000Hm in den Beinen.


Skizze der Albrecht Route auf einer größeren Karte anzeigen

Das tolle an der Albrecht-Route ist, dass sie sehr gut recherchiert ist. Herr Albrecht hat die Strecke Jahr für Jahr abgefahren und immer weiter verbessert. Es gibt zB für die meisten Tage eine Alternative zur Tagesetappe, auf die man ausweichen kann wenn das Wetter schlecht ist, oder wenn man sonst irgendwie einen schlechten Tag erwischt hat. Insgesamt ist diese Transalp sportlich ziemlich anspruchsvoll, aber fahrtechnisch nicht extrem. Wenn möglich werden Tragepassagen vermieden und trotzdem werden mehrere Pässe von über 2600m ü. NN überwunden. Für uns war außerdem wichtig, dass die Albrecht-Route landschaftlich sehr schön ist. Man ist häufig in entlegenen Tälern unterwegs, in denen es keine Straßen oder Ortschaften gibt.

Höhendiagramm der Albrecht-Route von Garmisch nach Riva